Herausgegeben von Holger Böning, Arnulf Kutsch und Rudolf Stöber
Das Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte erscheint jährlich seit 1999 im Verlag Steiner in Stuttgart. Herausgegeben wird es von Holger Böning, Deutsche Presseforschung, Arnulf Kutsch, Institut für Kommunikationswissenschaften Universität Leipzig, und Rudolf Stöber, Lehrstuhl für Kommunikationswissenschaft Universität Bamberg. In seinem Wissenschaftlichen Beirat sind maßgebliche in- und ausländische Forscherinnen und Forscher auf dem Gebiet der historischen Presse- und Kommunikationsforschung vertreten.
Für die Gründung des Jahrbuches war die Beobachtung maßgeblich, daß während der vergangenen Jahrzehnte das Interesse an der Kommunikationsgeschichte weitaus stärker als in der Kommunikationswissenschaft in anderen wissenschaftlichen Disziplinen gewachsen ist. Insbesondere in der Geschichtswissenschaft, der Literatur- und der Kunstgeschichte, der Kulturwissenschaft und der Volkskunde sind die Zusammenhänge zwischen der Entstehung der Moderne und der mit ihr verbundenen Entwicklung von Öffentlichkeit zu wichtigen Forschungsfeldern geworden. Während sich die ehedem historisch-sozialwissenschaftlich orientierte Publizistikwissenschaft seit Beginn der 60er-Jahre in eine dominant empirisch-sozialwissenschaftliche Kommunikationswissenschaft transformierte, deren historisches Bewusstsein international, aber auch in Deutschland, immer stärker zu schwinden scheint, befassen sich die genannten Disziplinen intensiv mit der Verdichtung, Ausdifferenzierung und Professionalisierung der öffentlichen Kommunikation sowie mit der Popularisierung der Medien seit den ersten Anfängen des Buchdrucks. Von dort ging der in den letzten drei Jahrzehnten zu beobachtende Aufschwung kommunikationsgeschichtlicher Forschung aus. Nur ein Beispiel: Gestützt nicht unwesentlich auf die frühere zeitungs- und publizistikwissenschaftliche Forschung hat sich durch grundlegende Studien etwa von Rudolf Schenda (Volk ohne Buch, 1970), Rolf Engelsing (Analphabetentum und Lektüre, 1973) oder Reinhart Siegert (Aufklärung und Volkslektüre, 1978) eine historische Leser- und Mediennutzungsforschung herausgebildet, die sich mit der Analyse historischer Kommunikationsprozesse, ihren Trägern, Mitteln und Institutionen, ihren Ausprägungen und ihren Folgen für den gesellschaftlichen Wandel befasst.
Dagegen ist die kommunikationshistorische Forschung in der Kommunikationswissenschaft schwächer als noch vor einem Jahrzehnt institutionalisiert. Es mangelt an institutsübergreifender Kommunikation und Kooperation, die interdisziplinäre Zusammenarbeit steht auf schwachen Füßen, es fehlt ein zentrales Publikationsorgan. Hinzu kommt, daß nur wenige Fachinstitute in ihren Studienordnungen die Lehrgegenstände der Kommunikationsgeschichte oder auch nur ihres Partialaspekts, der Mediengeschichte, hinreichend verankert haben. Nicht wenige Fachvertreter, zumal die jüngeren, betrachten Kommunikationsgeschichte kaum noch als eine konstituierende Erkenntnisperspektive ihres Fachs, sondern eher als schmückendes Beiwerk; thematisch einschlägige und methodisch fundierte Habilitationen gelten inzwischen bei Berufungen auf Professuren der Disziplin, welche die Historizität ihrer zentralen Gegenstände immer mehr aus den Augen zu verlieren droht, eher als belastend denn als förderlich.
In dieser Situation will das Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte ein interdisziplinäres Forum sein, das kommunikationsgeschichtliche Forschungsergebnisse einer breiten Öffentlichkeit in der Kommunikationswissenschaft und über die Fachgrenzen hinweg vorstellt. Zugleich will es die historische Forschung in der Kommunikationswissenschaft anregen und dazu beitragen, der kommunikationshistorischen Forschung aus den anderen Disziplinen Aufmerksamkeit und Resonanz zu verschaffen.
Der konzeptionelle Aufbau des Jahrbuchs folgt einem vierteiligen Gliederungsprinzip. Aufsätzen zur Kommunikationsgeschichte ist der erste Teil vorbehalten. Bevorzugt werden dabei quellennahe Forschungen, die in ihren Fragestellungen sowohl an den Problemen der Vergangenheit als auch an den Interessen der Gegenwart orientiert sind. Die Miszellen, der zweite Teil, sollen aktuelle Forschungsberichte über die Erschließung, Einordnung und Bewertung wichtiger kommunikationshistorischer Quellenbestände bieten. Eine möglichst breite Information über kommunikationshistorische Publikationen strebt das Jahrbuch in seinem dritten und vierten Teil an. Der ausführliche Rezensionsteil bemüht sich um kurze prägnante Besprechungen wichtiger Monographien, Sammlungen und Editionen. Die von Wilbert Ubbens (SuUB Bremen) bearbeitete Bibliographie der Aufsatzliteratur wertet mehr als 100 internationale Zeitschriften und Serien aus zahlreichen relevanten Disziplinen aus und verzeichnet zu Titeln, bei denen es erforderlich ist, kurze Annotationen. Ein Register erschließt die wichtigen Sachen und Personen, die im Textteil der Aufsätze und Miszellen Erwähnung finden.